Wir besuchten das Haus an Pfingstmontag (an Nichtfeiertagen ist es montags geschlossen) und kamen von der U-Bahnstation. Der Kanzlerwaggon steht weiterhin dort, wie Schillers Glocke („festgemauert in der Erden“). Neu ist Adenauers Dienstmercedes daneben, der stand vorher im Erdgeschoss. Was war an seine Stelle gekommen?
Wichtigste Änderung im Eingangsbereich: Die Weltkugel hängt auf Drahtgeflecht durchsichtig und silberfarbig von der Decke herab. Weil wir jetzt ja global sind (oder denken oder sonstwie).
Nach Betreten des Ausstellungsbereiches wende man sich nach rechts, es beginnt 1945 mit der Stunde Null, Zerstörungen, Vertreibungen, alles findet Platz. Am Ende des Raums geht es um den bescheidenen Neuaufbau bis 1948. Man wendet sich wieder nach links und geht durch den Bauch eines „Rosinenbombers“. Der war doch früher länger? Und die Dutzend Entwürfe der deutschen Flagge hat man jetzt auch zusammengerafft. Dafür steht jetzt mehr zur Geschichte der „Sowjetzone“ da.
Nach rechts, dann ist man wie früher im Miniaturplenarsaal mit den alten Stühlen des ersten Bundestags und kann nach wie vor über wichtige Themen der frühen BRD abstimmen.
Und dahinter, da war mal der Mercedes, der jetzt im Keller zu sehen ist. Und was steht jetzt da? Der Anfang der DDR. Mit irgendeinem stalinistischen HeldderArbeit-Denkmal. „Aha!“, denkt sich der geneigte Leser, und ein Besuch wird es bestätigen, „die DDR nimmt mehr Raum ein“. Jetzt ist nicht nur der Anfang Bundeswehr dokumentiert, sondern gleich daneben auch der Beginn der NVA, und den T 34 brauchte man für den 17. Juni 1953.
Dann zieht sich die eine Seite des Hauses wendeltreppenartig nach oben, und dort hat sich wenig geändert, der alte VW–Käfer ist da, das kleine Kino, die Eisdiele mit Jukebox und und… Für das letzte Jahrzehnt hat man ein wenig gestrafft, es soll sicher für die nächsten zehn Jahre noch Raum da sein.
Auf der anderen Seite ist dann das Café. Das haben wir leider links liegen lassen. Es waren zu viele, die wie wir gedacht haben, wer wird am Pfingstmontag schon ins Haus der Geschichte gehen, also machen wir es…
Es hat mich gefreut, „alte Bekannte“ wiederzusehen: das Endlosband mit Fernsehserien der 70er und 80er, besonders aber die Kontrollkabine am Grenzübergang in Berlin. Das beklemmende Gefühl vor einem muffelig dreinschauenden Grenzbeamten zu stehen, der ein paar Mal vom Pass zu mir schaut und wieder zurück – es ist sofort wieder da.
Nichts wie raus aus der Kabine! Es gibt noch genügend anderes. Mehr als sich heute berichten lässt.
Schlagwörter: Berlin, Bundestag, DDR, Geschichte, Stunde Null
2. 7. 2011 um 08:07 |
Ich war einmal in den 80ger Jahren dort und kann kann mich noch sehr gut an die große Schrift erinnern, die auf einem Manuskript stand, das aus einer Rede von Willy Brandt stammte. Das waren richtig große Zeichen. Und den Mercedes hab ich sogar einmal auf der Straße gesehen. Zwei Stunden musste ich warten. Er fuhr durch Lennep.
Ein wirklich schöner Bericht und sehr flüssig zu lesen. Allerdings hat der Artikel, leider wie alle von Dir, einen gravierenden Fehler. Du hast so einen bergischen Dickkopf dich zu weigern Fotos mit hineinzubringen, dass ich nur noch meinen Dickkopf traurig schütteln kann. Du weißt doch, welche Wirkung Bilder haben. Basta!
2. 7. 2011 um 09:27 |
Danke sehr!
Der bergische Dickkopf ist gemischt mit ostpreußischer Geradheit, ostfriesischer Treue und hessischer Bodenständigkeit. Daraus entstehen überraschende Wendungen…
2. 7. 2011 um 10:57 |
Ich finde nicht, dass Blogs ständig mit Bildern zugekleistert werden müssen. Es gibt ja die Links mit genug Bildern. Ich kann diese Blogs echt nicht mehr sehen, wo sich ein Riesenbild an das andere reiht (weil offensichtlich die Verkleinerungsfunktion in den Köpfen der Fotografen verlorengegangen ist) und statt eines intelligenten Textes müssen wir uns durch Berge von Fotos quälen und möglichst noch „ah wie toll“ schreien. Die Blogwelt quillt damit über. Ich freue mich über jeden Blog, der es noch schafft, mit vielsagenden Worten statt nichtssagender Fotos zu faszinieren 🙂
2. 7. 2011 um 22:30 |
Ich kann bei Bilderblogs auch kaum kommentieren. Was ich interessant finde, sind Diashows. Und ich HABE Fotos gemacht. Da muss ich dann mal sehen. Aber keine Sorge: Mein Blog wird weiterhin wortlastig sein.
2. 7. 2011 um 16:57 |
Danke für die Fortsetzung, lieber Jörg. Schön geschrieben und klingt danach, dass man sich dort doch einmal aufhalten könnte 🙂
wünsche Dir ein schönes Wochenende 🙂
Erika
2. 7. 2011 um 22:31 |
Nur zu! Auch die anderen Museen haben oft gute Ausstellungen. Und auch sonst lohnt sich Bonn.
2. 7. 2011 um 23:03 |
Ich war schon in Bonn, die Kunst- und Ausstellungshalle habe ich damals u.a. kennengelernt …
3. 7. 2011 um 20:38
Dann fehlen noch 2 in unmittelbarer Nähe..
2. 7. 2011 um 23:16 |
Das klingt spannend. Ist direkt schade, daß es nicht bei uns in der Nähe ist.
3. 7. 2011 um 19:45 |
Das kann ich auch sagen, über die meisten Dinge in der Welt. Die Museumsmeile ist wirklich der zweite gute Grund, hier mal in die Gegend zu kommen.
5. 7. 2011 um 23:17 |
Stimmt auch wieder :D.
Da ich trotz intensiver Grübeleien nicht selber drauf komme: Was wäre denn der erste Grund?
6. 7. 2011 um 16:19
Worüber habe ich in diesem Beitrag geschrieben? Naaaa?
3. 7. 2011 um 17:59 |
Schöner Rundgang. Ich habe fast das Gefühl, ich wäre dabeigewesen…
3. 7. 2011 um 19:47 |
Danke! Dieser Blog bildet, meistens…
3. 7. 2011 um 19:53 |
Nun, die ostpreußische Geradheit in puncto Fotos finde ich im Bezug auf ein Museum auch angenehm. Bilder haben die Macher des Museums ja selbst schon fotografiert und veröffentlicht..
Die persönliche Note macht den Blogartikel aus.
3. 7. 2011 um 20:40 |
Das ist ein freundliches Votum, Sven! Danke. Das Theologenherz will auch weiterhin aufs Wort trauen. Auf den letzten Touren hatte ich aber auch den Knipsomat dabei. Mal sehen, was wird.
4. 7. 2011 um 09:55 |
Das Haus der Geschichte steht bei mir auch oben auf der Agenda. Ich war ein paar Mal im ostdeutschen Pendant in Leipzig, das soll ja kleiner sein, fokussiert mehr den Osten und nach 2 Stunden ist man da auch platt…
5. 7. 2011 um 18:44 |
Ich war auch mal im Leipziger HdG, es ist VIEL mehr DDR drin.
6. 7. 2011 um 06:30 |
So verrät man sich, also pass auf wenn du unerkannt bleiben willst:
„Der Begriff fokussieren gehört in den Bereich der Methoden der Sozialarbeit/Sozialpädagogik und ist von dem Wort Fokus…“ 🙂