Liebe Freundinnen und Freunde des freiwilligen Humors,
ein neuer Abend unter der Überschrift „EIGENTLICH“ steht an.
Für Philipp B., und er ahnt auch, warum.
Fragt mich nicht,
ach, fragt mich nicht:
„Was bedeutet dies gedicht?“
Ich bin nicht auf sinn erpicht.
Der reim ist dicht,
der inhalt schlicht,
d’rum nenne ich es auch gedicht.
So weit besteht noch klare sicht.
Und seh ich licht,
kriegt das gewicht –
so, wie ein brummbass lauthals spricht:
Hoch lebe jeder sinnverzicht!
Doch zerrt mich nicht
vor ein gericht.
Das wäre eine läst’ge pflicht,
mit schreiben wär endgültig schicht.
Gert Fröbe rezitiert „Gespräch einer Hausschnecke mit sich selbst“ von Christian Morgenstern:
Seriöser Ulk und humordurchdrungene Ernsthaftigkeit sollen sich wieder einmal ein Stelldichein geben.
Wenn Sie das da jetzt nicht verstehen: Es soll einfach ganz lustig werden am Freitag Abend, es kann aber auch manchmal ein bisschen ernsthaft sein.
Kommen Sie und lassen Sie sich überraschen!
Und wenn es nicht anders geht, kommen Sie zu spät!
Das ist auch ganz überraschend.
Die Schnecke
Im Schneckenhaus brennt niemals Licht –
Ein solches Leben liegt mir nicht;
Mir liegt viel mehr das Helle!
Des Schneckentiers Geschwindigkeit
Ist mir zu lahm, sie kommt nicht weit;
Mir liegt viel mehr das Schnelle!
Als Schnecke wär mir gar nicht wohl:
Hier ein Salat – und dort ein Kohl –
Dazwischen: lange Strecke.
Wenn ich es einmal eilig hab,
dann nehm ich meinen Wanderstab,
Und biege um die Ecke.
(nicht von C.M. sondern von W.B.)
Christian Morgenstern:
Der Rabe Ralf
Der Rabe Ralf
will will hu hu
dem niemand half
still still du du
half sich allein
am Rabenstein
will will still still
huhu
Die Nebelfrau
will will hu hu
nimmt’s nicht genau
still still du du
sie sagt nimm nimm
’s ist nicht so schlimm
will will still still
huhu
Doch als ein Jahr
will will hu hu
vergangen war
still still du du
da lag im Rot
der Rabe tot
will will still still
du du
Aufhellende Interpretationen senden Sie bitte an den Deutschlehrer Ihres Vertrauens (respektive Deutschlehrerin Ihres Vertrauens).
Es war wieder ein schöner Abend. Dieses Mal, wie schon in Kommentaren angedroht, gibt es keine you-tube-Verfilmungen.
Ein handverlesenes Publikum folgte unserem spontanen Programm und gab auch Rückmeldungen. So macht das Laune!
Ein Drittel weinendes Auge ob all derer, die mich im Vorfeld zu einem Termin am Freitag Abend ermutigt haben: Sie glänzten durch Abwesenheit. Ich will ja nicht grundsätzlich reden wie ein Pfarrer meiner Heimatgemeinde, der auf die Absage: „Ich habe keine Zeit“ antwortete „Fehlende Zeit ist fehlendes Interesse“. Nein, so will ich das nicht sagen. Aber anregen darüber nachzudenken, das mach ich hier. Auch mal ganz grundsätzlich, nicht nur „eigentlich“.
(M)eine Novelle
Die Bibel erzählt im 1. Mosebuch in den Kapiteln 37 bis 50 die Josephsgeschichte. Eine meiner Lieblingsgeschichten. wie eine kleine Novelle. Der Erzählfaden ist gut durchkomponiert, sie wirkt fast modern – denn von Gott ist kaum die Rede. In den Träumen spricht er. Und er führt geheimnisvoll das Geschick des Helden Joseph. Aber das blickt erst am Schluss durch.
Manchmal fatal gut erzählt: Wie Joseph als rechte Hand des Pharao seine Brüder als Bittsteller empfängt, sie ihn nicht erkennen und er sich zur Seite wendet, weil er weinen muss. Das rührt mich schon.
Und als alle fröhlich vereint in Ägypten leben und die Brüder nach dem Tod des Vaters die Angst haben nun könne sich Joseph bitter rächen für das Ungemach, das sie ihm bereitet haben: Da kommt durch seinen Mund die theologische Deutung. „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“ (1. Mose 50, 20) Nicht viel mehr. „Er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen.“ (Vers 21)
Ich erzähle diese Geschichte leidenschaftlich gern in der 1./2. Klasse. Denn der Schluss ist wie ein Teil meiner eigenen Geschichte.
wie joseph geführt
von gott gar keine rede
und trotzdem ganz nah
zwiespalt
ich habe dich nicht geliebt
distanz strahlst du aus
nie gehörte ich zu dir
ich habe es versucht
aber da war keine liebe
Eine zeitlang waren wir verbunden
lange her
nun geht es gegen dich
und die dich noch lieben
die sind mir lieb
und es greift mir ans herz
wie sie dich schützen wollen
und weilte ich unter euch
ich wäre nicht auf eurer seite
nie und nimmer
aber was tiefer liegt
das ist der liebe wert
und macht mich traurig
die ewig verpassten chancen
lösung ohne wahre helden
I
die lösung
hieß flucht
entronnen
und dennoch
das herz schwer
II
die lösung
war keine
kurz kehrtest du zurück
die erinnerung
wie ein flussdämon
im weg
„ich lasse dich nicht
du segnest mich denn“
III
der da der sonne entgegengeht
nach durchkämpfter nacht
als sieger präsentiert
auf immer
an der hüfte geschlagen
innendrin kein held
II und III spielen an auf 1. Moses/ Genesis 32, 23 – 33
anfechtung
kritische fragen
ein leichtes
spott
haut nicht um
kleinkariertes denken
verletzt die seele
maulende schafe lenken
der mut des hirten erlahmt
nachrichten von dort
wo wir nicht mehr sind
ich dachte
mehr rücken zur wand
wie damals in der zeit
als wir den ausweg suchten
geht nicht
ich habe mich geirrt
aber retten
von hier aus
geht auch nicht
sowie mit Überraschungsgästen
Wort und Musik:
selbstgemacht – unplugged –
und mit Überraschungszitaten
Donnerstag, 6. Mai 2010, 19.30 Uhr
evangelisches Gemeindehaus
Mehrbachtalstraße
57635 Mehren
Der Eintritt ist frei! Um eine Spende am Ausgang wird gebeten.
Bei Stromausfall findet der Abend mit Kerzenschein statt.
thomas kagermann
mit blühender phantasie
und anderen überraschungsgästen
kircheiber kirche
kirchstraße kircheib
samstag, 20. märz
19.30 uhr
eine veranstaltung der
Ev. Kirchengemeinde Asbach-Kircheib
Thomas Kagermann, der Mitspieler bei „Eigentlich„, steht im Mittelpunkt des Geschehens. Ich werde jedoch dabei sein und, denke mal, auch ab und an moderieren.
Die muse vorne mit dem A
will heute keiner kennen.
Doch jüngst bei mir, da war sie da,
ich will sie jetzt hier nennen.
Amuse hat mich inspiriert,
nur negativ zu dichten.
Ob es euch wärmt oder gefriert,
das müsst ihr selbst nun richten.
Was immer euer urteil ist,
eins lässt sich leicht kapieren:
Amuses ziel bei allen ist
fürwahr das amüsieren.
Die Nullskulptur sieht seltsam aus.
Sie steht vor Rademachers Haus
und hat schon manchen hier entsetzt.
Vom Künstler wird sie hochgeschätzt,
doch niemand bleibt andächtig stehen.
Denn keiner hat sie je gesehen.
Vielleicht gab’s sie vor fünfzig Lenzen.
Doch schnell tat sie den Standort schwänzen.
Es gab fortan Lob der Kritiken,
vom Publikum ein stummes Nicken.
Sie glänzt seither wie Kaisers neue Kleider.
Nicht mehr als Null gibt es von ihr hier, leider.
Die unmusik klingt ach so grässlich,
doch ist sie darin zuverlässlich.
Verzichtet ganz auf harmonie,
besitzt auch leider kein genie.
Drum wird sie immer, immer leiser.
Und wenn sie singt, dann krächzend heiser.
Würd sie nicht heulen wie hyänen,
sie kriegte heiße mitleidstränen.
Jetzt sägt sie wieder durch den äther –
du unmusik, du klangverräter !
Einen heiteren Blick auf die Endlichkeit bietet Carl Michael Bellman. Hier in einer Vertonung von Hannes Wader des Ballhaus Quartetts.