Auf geht es zu meiner Lieblingsschule, an der ich wieder ab acht Uhr zwei Stunden Religion unterrichten darf.
Ich erfahre so nebenbei, was die Kinder der 3./ 4. Klasse zum Jahreswechsel gemacht haben und was die Kinder der 1. und 2. zu Weihnachten geschenkt bekamen.
Zur Frühstückspause findet Lena im Ranzen ihre Armbanduhr wieder – auch ein Geschenk. Sie hatte munter eine Fülle aufgezählt, was unterm Baum lag. Da guckte Manuel etwas enttäuscht – er hatte nur ein Stofftier bekommen – aber was für eins (ich habe es gesehen): Einen Riesenelchkopf, den er sich wie ein Geweih an die Wand hängen kann. Nur eben wuschelig und nicht knochig. Sachen gibt’s.
Nach Kaffee und obligatorischen Schwatz im Lehrerzimmer geht es auf dem weiteren Weg in den Heimatort noch schnell beim Ehepaar S. vorbei. Die Frau hat mehrere chronische Krankheiten. Sie und ihr Mann freuen sich über den Besuch.
Dann noch eine weitere Station: Vor fünf Wochen hatte Herr K. Geburtstag, nun seine Frau. Als ich sie begrüße, ist nicht fröhlich. Die Sorgenfalten auf der Stirn gelten ihrem Mann, der zur Zeit bettlägerig ist und gerade schläft. Da will ich nicht lange stören.
Zu Hause erwarten mich drei Nachrichten, Rückrufe sind fällig:
Mit dem ersten Rückruf bestätige ich einen Termin, bei Nummer Zwei vereinbare ich übers soziale Netzwerk ein Telefonat zur Abendstunde.
Schnell noch nach den Mails geschaut und mit der Bürofrau geklärt, was in die örtlichen Mitteilungsblätter gesetzt wird.
Das dritte Anruf hat Gewicht: Da hat eine Familie, die ich ganz gut kenne, seit ein paar Monaten Frau Scharf zur Nachbarin. Und die kenne ich auch: Sie hat jetzt innerhalb von fünf Jahren die vierte Wohnung. Bei zweien habe ich ihre Version mitbekommen, warum sie ausziehen musste, die Geschichten eigneten sich als Drehbücher für Provinz-Tatorte. Während sie bei der ersten Adresse gegen die Mafia gekämpft hatte und die Polizei ein Hehlernest ausnehmen konnte, hatte sie in der zweiten gegen Wucher und Mietermobbing zu kämpfen. Bei Nummer drei verlor sich ihre Spur.
Nummer vier sollte bald verlassen werden, weil die bislang verstoßene Tochter aus idar-Oberstein einen Umzugswagen schicken wollte. Frau Scharf sitzt seit Tagen auf gepackten Koffern und gefüllten Umzugskartons. Jetzt wollte sie, weil der Umzug doch nun wirklich bald käme, die Tiefkühltruhe abtauen – trotz Inhalt…
Was kann man von außen tun? Soweit ich weiß, sehr wenig. Ich bot an, mich beim örtlichen Pflegestützpunkt zu erkundigen, die haben so was öfter. Und mich beschäftigt das schon länger, denn als vor Jahren jemand in der Familie wegen Demenz in ein Heim ziehen sollte, war genau das die Frage.
Ich erhielt die gewünschte Antwort: Der sozialpsychiatrische Dienst hat einen Mitarbeiter, der auf Hinweise hin Besuche macht. Das teilte ich den kümmernden Nachbarn mit – und siehe da, der Name des Mitarbeiters war aus Frau Scharfs Mund schon gefallen.
Das letzte Gespräch am Telefon: Bei einen verurlaubten Arbeitsbereich hatte die Vertretung gestern absagen müssen; ich bekomme mit nur einem Anruf die Vertretung der Vertretung. Einiges organisatorisch geklärt und nebenher noch dies und das besprochen.
Zwölf Uhr dreißig. Gut, dass nicht jeder Vormittag so ist!
Schlagwörter: Besuch, Familie, Frage, Kommunikation, Leben, Mitarbeiter, Schule, Seelsorge, Weihnachten
9. 1. 2013 um 07:41 |
Du hast einen langen, erfüllten Arbeitstag!
Grüße aus Berlin.
9. 1. 2013 um 14:07 |
Gestern bestimmt.
Grüße aus der Weltstadt Asbach 😀
9. 1. 2013 um 10:16 |
Um die zwei Stunden Reli-Unterricht könnte ich Dich fast beneiden, ich habe immer sehr gern mit Kindern in dem Alter „gearbeitet“… Die geben einem, wenn´s gut läuft, so viel zurück… 😉
Um den Rest beneide ich Dich etwas weniger, gehört aber sicher zu den vornehmsten Aufgaben eines Seelsorgers… 😛
9. 1. 2013 um 14:09 |
Lass den Konjunktiv weg – das finde ich nämlich auch. cool:
Das andere war ein proppenvoller (Vormit-)Tag, aber die Klärung der Frage war das Highlight. 🙂
9. 1. 2013 um 14:36 |
Komisch, dass es sich manchmal so knubbelt.
Aber das kenne ich auch . Mal ist Ruhe im Karton, dass man meint, niemand arbeitet. Und dann kommst du vor lauter Telefonate nicht zum arbeiten.
Glückwünsch, hast du großartig gemeistert.
9. 1. 2013 um 21:48 |
Na ja, sonst hätte ich es nicht so hingeschrieben… 😉
9. 1. 2013 um 17:20 |
wow , und ich ärgere mich über meinen PC !
Aber die gekochte Gemüsesuppe hat geschmeckt …..
Dir weiterhin viel Kraft und Geduld für alle anfallenden Arbeiten und viel Freude mit den Menschen….
9. 1. 2013 um 21:49 |
Danke! und ich hoffe, du hattest ein gutes Date mit der Suppe! 😉
11. 1. 2013 um 05:55 |
Waoh, das ist ja ein heftiger Vormittag gewesen, ich hoffe, es hat sich alles ein wenig beruhigt… Herzliche Grüsse Andrea
11. 1. 2013 um 20:29 |
Wie gesagt, zum Glück ist das eine Ausnahme. Es hat sich am selben Tag noch beruhigt, aber ich war groggy…
13. 1. 2013 um 02:13 |
Ich hab keinen Reli-Unterricht und keine Angestellten, der Sozialdienst arbeitet auch nicht mit mir zusammen (ist ja laizistisch) – dafür aber sehrviel Menschlich-allzuMenschliches. Wenn ich morgen früh am Frühstückstisch sitze, sagen meine Kinder, wer ist denn der fremde Mann da?
13. 1. 2013 um 20:24 |
Ich selbst habe keine Angestellten, sondern die Gemeinde und hier ist alles so gut katholisch, da kann auch das profane Rote Kreuz gar nicht anders als freundlich sein… 😉
Was die Kinder sagen: Da gehören aber irgendwem die Ohren lang gezogen, dem Presbyterium oder dem Superintendenten (also, du wirst es für dich schon übersetzen). Oder wem?
14. 1. 2013 um 07:59 |
Es war eine harte Woche mit vielen 15-Stunden-Tagen, es kommen auch wieder andere…
14. 1. 2013 um 09:51
Manchmal sucht man es sich nicht aus. Mögen dir reichlich andere gelingen!