Psalm 124
Wäre der HERR nicht bei uns – so sage Israel –,
wäre der HERR nicht bei uns, wenn Menschen wider uns aufstehen,
so verschlängen sie uns lebendig, wenn ihr Zorn über uns entbrennt;
so ersäufte uns Wasser, Ströme gingen über unsre Seele,
es gingen Wasser hoch über uns hinweg.
Gelobt sei der HERR, dass er uns nicht gibt zum Raub in ihre Zähne!
Unsre Seele ist entronnen wie ein Vogel dem Netze des Vogelfängers;
das Netz ist zerrissen und wir sind frei.
Unsre Hilfe steht im Namen des HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat.
Ein Wallfahrtsspsalm. Ein Rückblick auf unberechtigte Angriffe, die nun überstanden sind.
Ich mag diesen Psalm. Biblische Poesie, zu singen und/oder zu beten nach Befreiungsschlägen wie Rücktritten, Endpunkten von Krisen oder ähnlichem…
26. 2. 2010 um 14:37 |
2 Verständnisfragen (das finde ich ja super daran, einen Pfarrer zu kennen – dass man endlich mal nach dieser unverständlichen Sprache fragen kann): was meint: „so sage Israel“? Und was heißt: „Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn“?
Was ich daraus ziehe? Schwierig. Es ist einer jener Sprüche, die in mir Aversionen hervorrufen, weil auf den ersten Blick alles so abhängig scheint vom großgeschriebenen Herrn. Als Zweiflerin rückt mich die Unbedingtheit eher in Richtung des Zweifels.
Aber: der Spruch heißt: ohne eine Vorstellung von Gott würden die Menschen aufeinander losgehen. Ist das so? Wenn man Gott als übergreifende Vorstellung von Moral begreift oder als Möglichkeit, sich auf etwas zu berufen, was jenseits unserer Vorstellungskraft liegt, vielleicht. Wenn man Gott als Herren begreift, kommen mir Zweifel. Vielleicht ein Grundproblem, das ich mit Religiosität habe. Dass man sich abstrakt vorstellen soll, was konkret an einen herangetragen wird.
26. 2. 2010 um 15:31 |
Ich habe bewusst von biblischer Poesie geschrieben, und wie andere Poesie auch, wirken die Psalmen durch die Bilder, die man sich sozusagen ausmalen kann.
Die wenigsten Psalmen sind einer bestimmten Situation zuzuordnen, anders als in den Geschichts- oder prophetischen Büchern.
Es geht nicht um Moral. Es geht nicht um Abstraktes.
Es geht um eine Befreiungserfahrung. Die wird blumig umschrieben. Auch fürs Individuum übertragbar, so meine ich.
Aber ein Kollektiv singt. Israel. Vielleicht die Gottesdienstgemeinde im Tempel, die das eben singt. Oder in einer Synagoge (je nachdem, welche Entstehungsgeschichte man annimmt..)
„Unsere Hilfe…“ usw. Kommt häufiger in den Wallfahrtspsalmen vor, etwa Ps 121. Scheint also eine Art liturgische Formel zu sein.
Die Hilfe meint Hilfe (Beistand, Unterstützung). Im Namen: so ein bisschen urtümlich: ruft man den Namen an, ist der Gerufenen da.
26. 2. 2010 um 17:42 |
Danke dir, lieber Jörg,
das sind wahrhaft wunderschöne Zeilen, die tragen… und Kraft geben… wir sind nicht allein…
Herzliche Grüße zu dir, Elisabeth
26. 2. 2010 um 19:01 |
Lieber Jörg,
danke, dass Du den Psalm erwähnst. Er ist mir eher unbekannt außer dem letzten Satz, aber eher so wie aus Psalm 121:
„Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat“
Eine Zusage, dass es noch was Größeres gibt, auf das wir vertrauen können.
Liebe Grüße
Erika
26. 2. 2010 um 20:20 |
Jööööö, ein Theologe!
Ich hätt ein paar Fragen. Soll ich Dir damit irgendeinen thread ‚verschmutzen‘, sie Dir mailen oder magst gar keine Diskussionen?
Liebe Grüße vom
Wilhelm
26. 2. 2010 um 21:12 |
@Elisabeth:
Das Netz ist zerrissen, wir sind frei. Eigentlich ein zartes Bild, aber ich finde es das Stärkste an diesem Psalm. Daher kann ich deinen Kommentar teilen… Herzlichen Dank und Gruß, Jörg
@Erika:
Aus dem Gedächtnis, ohne Fastenbrechen, ist es in Ps 121 auch „unsere Hilfe“. schön gedeutet.
Lieben Gruß, Jörg
@payoli:
Herzlich Willkommen hier auf dem Blog, Wilhelm!
Themenvorschläge kannst du hierhin bringen. Was du immer schon mal fragen oder sagen wolltest, kannst du hierhin setzen.
Ansonsten schau dich einfach mal um, oder gib Suchbegriffe ein, vielleicht habe ich ja schon ein bisschen „Futter“.
Herzliche Grüße, Jörg
26. 2. 2010 um 22:17 |
@theomix: aha. bin wahrscheinlich in einer a-poetischen phase.
26. 2. 2010 um 22:32 |
Das kann ich nicht beurteilen. Ich für mein teil schreibe meistens prosa.
27. 2. 2010 um 19:07 |
@theomix:
Lieber Jörg,ich hab nachgeschaut, in meiner Bibel steht in Psalm 121: Meine Hilfe….. aber letztendlich ist es dann doch unsere…….
Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende
Erika
27. 2. 2010 um 22:44 |
Liebe Erika,
eine gar grausliche zwickmühle. Ich durfte das zitat nicht überprüfen. und das gedächtnis ist nicht immer ein guter ratgeber. Nun habe ich gedacht, bei bibelzitaten wird das fastenbrechen schon in ordnung sein…
Natürlich hast du recht. Ich hatte dann an vers 8 gedacht, der aber keine wiederholung der verse aus ps 124 ist. Die findet sich in ps 146.
Herzlichen gruß, Jörg